"25 Jahre Herztransplantation" Symposium und Feier

25 Jahreein kleiner Abschnitt in der Geschichte der Medizin, ein großer Abschnitt in der Geschichte der Transplantation. Mit diesen 25 Jahren geht auch die Ära eines Mannes zu Ende, der die HTX in Wien entscheidend geprägt hat: Prof. Ernst Wolner.

Sein Nachfolger, Prof. Günther Laufer, übernimmt nicht nur ein wohlbestelltes Feld, wie aus den Festvorträgen hervorging, sondern auch eine große Aufgabe, die es weiterzuführen gilt.

25 Jahre Herztransplantation am Wiener AKH

Aus Anlass dieses 25-jährigen Jubiläums lud die Medizinische Universität Wien zu einer Festveranstaltung ins Haus der Gesellschaft der Ärzte. Der Einladung folgten Ärzte und Ärztinnen aus ganz Österreich, Pflegepersonal, PatientInnen und deren Angehörige.

Rudolf Nagiller leitete die Podiumsdiskussion am Vormittag; Diskussionsteilnehmer waren Prof. Zuckermann (Leiter des Herztransplant-Programms am AKH Wien), Dr. Rahmel (ärztlicher Direktor Eurotransplant), Dr. Moritz (ÖBIG), Prof. Kampits (Ethiker, Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft) und Anna Biermann (herztransplantierte Patientin).

 


Prof. Zuckermann gibt einen Überblick: 1138 Herztransplantationen wurden seit 1984 durchgeführt; die Zahl geht zurück; Gründe sind Transplantationen in Innsbruck, bessere konservative Therapie und niedriges Spenderaufkommen. Höchstdringliche (HU) PatientInnen warten im Durchschnitt 11 Tage auf ein Spenderorgan; die Sterblichkeit auf der Warteliste liegt heute unter 10%.

Frau Biermann stellt klar, dass sie seit der Transplantation nicht ein „fremdes“ Herz habe, sondern dass ihr Herz „ihr Herz“ ist. „Sein“ Herz schlägt auch im am längsten transplantierten Gast – und das seit 24 Jahren.

Eurotransplant in Leiden, NL, ist das logistische Zentrum für die Erfassung von Spendern und Empfängern. 7 Länder mit 130 Mio. Einwohnern arbeiten zusammen, um eine optimale Zuteilung von Spenderorganen zu ermöglichen. Seit der Gründung 1967 hat Eurotransplant 14.000 Spenderherzen und 4.000 –lungen an die TX-Teams der 7 Länder vermittelt.

Dr. Moritz betont, dass die Transplantation gesetzlich am besten abgesichert ist und keine Grauzone der Ethik darstellt. Nach anfänglichen Kommunikationsproblemen gibt es heute eine gute Zusammenarbeit zwischen Ärzten und ÖBIG, die Schulung und Unterstützung für das Intensivpersonal anbietet. Das Widerspruchsregister wird im AKH Wien verwaltet.

Die Protagonisten des Wiener HTX-Programms

Die Protagonisten des Wiener HTX-Programms
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Prof. Kampits will mit Argumenten der Transplantationsgegner provozieren: Der Hirntod sei als Todeskriterium umstritten; das „Aasgeier-Syndrom“ lasse „einen Patienten warten, dass jemand stirbt, damit er weiterleben kann“, und erzeuge dann Schuldgefühle im Empfänger. Außerdem sei die „wirtschaftliche Verteilungsgerechtigkeit“ anzuzweifeln (Organhandel). Seine Argumente lösen heftige Reaktionen der Betroffenen und ÄrztInnen aus, die ihm entgegenhalten,

  • dass die von ihm vorgebrachten Gegenargumente alte Vorurteile sind, die vor allem auf mangelnde sachliche Information der Öffentlichkeit zurückzuführen sind
  • dass es in Europa gute Transplantationsgesetze gibt, die Missbrauch verhindern
  • dass ein Patient/eine Patientin der/die dankbar ist, auf der Liste zu sein, sich sehr wohl mit dem Tod auseinandergesetzt hat und dass niemand „für“ ihn/sie stirbt 
  • dass gerade Eltern von Kindern eine Organspende als Trost empfinden 
  • dass bei einem Kind eigene Zellen bis 20% einwachsen können
  • dass TX Lebensqualität bedeutet, was für viele heißt: leben dürfen, atmen können 
  • dass Transplantationen religionsübergreifend gemacht werden
  • dass selbst der Papst einen Spenderausweis hat

Prof. Kampits meint abschließend, dass er die TX-Medizin für gut und wichtig halte, die Einstellung dazu aber individuell sei.

Mit einem Blick in die Zukunft endet der Vormittag:

  • Heilung der Grunderkrankungen wird weniger TX nötig machen
  • Bessere Technologien – Kunstherz statt Transplantation.
  • Toleranzinduktion (Körper akzeptiert Transplantat ohne Immunsuppressiva)
  • Aufgrund der Infektionsgefahr ist Xeno-TX keine Perspektive
  • Zelltransplantation
  • Organ-Care-System

 


Der Nachmittag war in 14 Referaten einer Gesamtschau der medizinischen und wissenschaftlichen Leistung am AKH gewidmet. Nach der mit Anekdoten gewürzten Begrüßung durch den scheidenden Ordinarius Prof. Ernst Wolner, der bei dieser Gelegenheit auch Prof. Günther Laufer als seinen Nachfolger vorstellte, kam erst einmal die „andere“ Seite des Herzens aufs Tapet:

Frau Prof. Bunzel schildert in einer Zeitreise, dass die stark emotionale Besetzung des Herzes aus einer langen Tradition stammt: Es wurde – je nach Kulturkreis - als „Zentralgelenk“, als Sitz des Gedächtnisses, der Stärke und der Gefühle angesehen; noch heute ist es mit vielfältiger Symbolik besetzt, und die Traditionen belasten gerade das sensible Thema Transplantation gewaltig.

Prof. Laczkovics beleuchtet die Geschichte der Herztransplantation und die Anfänge in Wien. Er gibt mit seiner Schilderung von „Magic Moments“ einen Einblick in die anstrengende Pionierzeit, von ersten wenig erfolgreichen Versuchen an Hunden 1976 bis zur TX 1984. Von Anfang an war das Projekt durch gute Zusammenarbeit der involvierten Abteilungen gekennzeichnet.

Prof. Pacher zeigt in seinem Vortrag Möglichkeiten und Grenzen der konservativen Herzinsuffizienz-Therapie auf. Waren es zuerst Digitalis-(Fingerhut-)präparate, die als wirkungsvoll angesehen wurden, setzt man heute vorwiegend ACE-Hemmer zum Brechen des Teufelskreises von Insuffizienz-Gefäßverengung-Überlastung ein, unterstützt  durch 3-Kammer-Schrittmacher. Die Therapie kann über einige Jahre erfolgreich angewendet werden, längerfristig bietet eine Transplantation bessere Überlebenschancen.

Welche chirurgischen Alternativen es zur Herztransplantation gibt, zeigt Prof. Grimm: Statt einem Herz-Ersatz kann heute oft durch Sanierung der Mitralklappe, bzw. Reduktion von Vorderwand-Ausbuchtungen geholfen werden. An den Möglichkeiten der Zell-Therapie, die eine teilweise Regeneration des Herzmuskels ermöglichen soll, und einer epikardialen Schockwellen-Therapie zur Reaktivierung wird geforscht.

Prof. Wieselthaler stellt die Geschichte des Kunstherzes vor, das schon immer besondere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erregt hat. Begonnen als mechanische Herzunterstützung durch eine große Ballonpumpe, über die erste Implantation 1986, führte konsequente Forschungsarbeit zu einer unglaublichen Steigerung der Leistungsdichte und Lebensdauer, sodass heute Turbopumpen der vierten Generation nur mehr die Größe eines Daumens haben. Viele Patienten können durch die Pumpe jene Verbesserung des Gesundheitszustandes erreichen, die eine Transplantation erst möglich macht.


Als Vertreter der ISHLT (International Society for Heart and Lung Transplantation) verweist Prof. Mehra, USA, auf die internationale Bedeutung der Arbeit des Wiener Teams: Kaum ein Fachkongress auf der Welt, bei dem Wiener Spezialisten nicht  einen wichtigen Beitrag liefern. Internationale Analysen der Risikofaktoren und Untersuchungsmethoden in der Nachsorge zeigen deutlich, wie wichtig Compliance und regelmäßige Untersuchungen sind, und wie schädlich Rauchen ist.

Dr. Grömmer und Dr. Eskandary geben in einer launigen Präsentation (Galgenhumor?) einen Einblick in den anstrengenden Alltag von Transplant-Koordinatoren: Patientenbetreuung, durchwachte Nächte, blitzartige Reaktion und unzählige Telefonate bei Anbot eines Organs und Rallye-ähnliche Abholaktionen stellen hohe Anforderungen an die jungen Ärzte und sind nur mit Teamgeist und viel Verständnis der Partner zu bewältigen.

Die Tätigkeit des Anästhesisten/der Anästhesistin vergleicht Frau Prof. Rajek mit der eines Piloten, der sein Flugzeug bei der Landung sicher aufsetzt. Eine Transplantation ist immer eine Akutoperation und daher mit einem höheren Risiko verbunden. Dennoch haben die Änderungen in der Medikation im Lauf der Jahre zu einem deutlich verträglicheren Ablauf der Operation geführt.

Zum heutigen Stand der Konzepte und Strategien der HTX schildert Dr. Zimpfer, dass bereits 90% der Patienten auf der Warteliste einen Defi implantiert haben. Während der Operation kommt es in 15% der Fälle zu Komplikationen, vorwiegend Lungen-Hochdruck, Rechtsherz- oder Spenderherz-Versagen, die durch Unterstützungsmaßnahmen abgefedert werden können. Akute Abstoßung ist kein Thema mehr.

Prof. Zuckermann fasst das Erreichte zusammen: Diabetes und schlechte Nierenfunktion sind keine Kontraindikationen mehr, die Sterblichkeit auf der Warteliste konnte auf unter 10% gesenkt werden, Langzeit-Überleben und vor allem die Lebensqualität sind deutlich gestiegen.
Möglich gemacht wurde der Erfolg durch den großen Einsatz des Teams; auch der Beitrag der Pharma-Industrie durch die optimierten Immunsuppressiva verdient Erwähnung. Dennoch ist Eigenverantwortung der PatientInnen der kritische Faktor für das Überleben!

Die Graftsklerose, die Verödung der kleinen Kranzgefäße, stellt ein Risiko für das Langzeitüberleben dar. Prof. Rödler zeigt in ihrem Referat, dass wegen des Fehlens lokaler Verengungen keine typischen Symptome auftreten, weshalb die genaue Beobachtung durch IVUS und CT wichtig ist. Verzögerung kann nur durch entsprechende Medikation und Compliance erreicht werden.

Die spezielle Situation einer HTX bei Kindern stellt Prof. Salzer-Muhar dar. Meist ist die Ausgangslage eine Vorschädigung des Herzes, Missbildung oder eine fehlende Herzkammer. Sekundäre CMP und Folgeerkrankungen komplizieren den Verlauf.

Den Beitrag der Molekularbiologie zur TX, besonders zur Nachsorge, erläutert Prof. Aharinejad. Mit Hilfe einer umfangreichen Datenbank und laufenden Studien werden Indikatoren gesucht, die invasive Untersuchungen wie Biopsien zum Teil ersetzen können.

Meilensteine der Wiener HTX-Geschichte

Meilensteine der Wiener HTX-Geschichte

 


Prof. Laufer, der neue Vorstand der Thoraxchirurgie am AKH Wien, schließt das Symposium mit einem Dank an das Team, das durch persönlichen Einsatz und Begeisterung für die Materie die Erfolgsgeschichte der HTX am AKH Wien möglich gemacht hat und  - so hoffen  wir  alle – auch weiter möglich machen wird.

Zum Ausklang dieses Symposiums lud der Verband HLUTX zum Heurigen nach Neustift ein. Dort gab es genügend Möglichkeiten, mit Ärzten und Arztinnen oder mit anderen Transplantierten und deren Angehörigen ins Gespräch zu kommen und einander „von einer anderen Seite“ kennen zu lernen.
Besonders gefreut hat es uns, dass die Gäste aus Innsbruck und Graz auch zum gemütlichen Teil gekommen waren.
Als symbolischen Dank gab es eine Rose für die ReferentInnen und einen Blumenstrauß für den alten und den neuen Vorstand. 

Weitere Fotos im Fotoalbum.

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