Christine, 1990

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Meine Geschichte

Ich bestand gerade meine Matura-Prüfungen und hatte einen Job als Kindergartenpädagogin in der Tasche, als im Jahr 2009 plötzlich gesundheitliche Probleme auftraten. Ich war stetig erschöpft, mir war laufend übel und ich konnte nachts aufgrund des argen Hustenreizes nicht mehr schlafen. Meine Hausärztin schickte mich, nachdem sie ein EKG schrieb, umgehend in die Notfallaufnahme der Klinik Innsbruck. Dort erhielt ich die zum damaligen Zeitpunkt für mich sehr überraschende und gleichzeitig schockierende Nachricht, dass ich an einer Herzmuskelentzündung leide und mein Herz nur mehr eine EF (Ejektionfraktion – Auswurfsleistung des Herzens) von 21% erbringen kann. Erst in den folgenden Tagen wurde mir die gesamte Tragweite dieser Diagnose bewusst und ehrlich gesagt, hatte ich mir mein Leben mit 19 etwas anders vorgestellt. Seit diesem Tag musste ich täglich Medikamente einnehmen. Meiner Arbeit, in der ich gerade mal für eine Woche gearbeitet hatte, konnte ich für unbestimmte Zeit nicht mehr nachgehen. Mein alltägliches Leben, das zur Herausforderung wurde, war plötzlich auf den Kopf gestellt. Bereits kurze Fußstrecken waren für mich nicht mehr möglich und ich war laufend auf die Hilfe von Freunden und Familie angewiesen.

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Im Zuge der weiteren Untersuchungen stellten die Ärzte fest, dass die Entzündung am Herzen durch den Parvo-B-19 Virus ausgelöst wurde und dass diese Ringelrötelviren auch im Herzmuskel aktiv vorhanden sind. Die einzige medizinische Therapie um den Viren im Herzen den Kampf anzusagen, war die der Interferontherapie. Ab diesem Zeitpunkt musste ich mir für sechs Monate jeden zweiten Tag selbst Interferon spritzen und ich litt an starken grippeähnlichen Nebenwirkungen.
Die große Erlösung kam im April 2009. Es wurde festgestellt, dass ich die Viren los bin. Die Herzinsuffizienz blieb jedoch. Medikamentös gelang es den Ärzten jedoch mich derart gut einzustellen, dass für mich ein unbeschwertes und meist ganz normales Leben - trotz einer EF von 30% möglich - war. Die Tätigkeit als Kindergartenpädagogin musste ich zwar leider aufgeben, aber ich konnte Vollzeit wieder im Büro arbeiten.

Im Jahr 2014 traf ich gemeinsam mit den Ärzten die Entscheidung, dass mir als Vorsichtsmaßnahme ein ICD (= implantierbarer Defibrillator) implantiert wird. Sollte ich einen plötzlichen Herzstillstand erleiden, welcher bei einer geringen Herzleistung eher vorkommt, wird das von diesem Gerät erkannt und ich werde mit einem Elektroschock reanimiert. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich somit meinen persönlichen Schutzengel immer bei mir.

Ich tobte mich sportlich aus, machte alles was mein Herzerl hergab und forderte es ordentlich. Schließlich schaffte ich zur Verwunderung vieler, Gipfelsiege - sei es zu Fuß, mit dem Rad oder den Tourenskiern - zu feiern. Ich konnte auch joggen gehen und bei verschiedensten Laufevents teilnehmen. Der Weg zu dieser sportlichen Fitness war nicht immer leicht, aber ich gab trotz meiner eingeschränkten Auswurfsleistung meines Herzens nie auf.

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Im Februar 2016 kam es zu einem folgenreichen Ereignis bei meinem regelmäßigen Lauftraining. Ich ging wie meistens alleine am Innufer - meiner üblichen Laufstrecke - joggen und hatte plötzlich einen Herzkreislaufstillstand. Mein „Schutzengel“ detektierte diesen und gab auch insgesamt sieben elektrische Schocks ab, die mich jedoch allesamt nicht reanimieren konnten. Wie schon so oft im Leben hatte ich aber großes Glück im Unglück und ein Passant setzte einen Notruf ab und reanimierte mich bis zum Eintreffen des Notarztes, das 15 Minuten dauerte. Ohne die Zivilcourage dieses Mannes wäre ich heute nicht mehr am Leben.

Aufgewacht bin ich eine Woche später auf der Intensivstation, nicht wissend was mit mir passiert bzw. mir widerfahren ist. Im folgenden Monat, das ich in der Klinik verbrachte, wurden noch mehrere Operationen durchgeführt, bis ich schlussendlich einen High-Energy-Defi mit einer subkutanen Extra-Elektrode implantiert hatte. Die Zeit in der Klinik war durch sehr viele Emotionen geprägt. Einerseits war ich überglücklich dieses Ereignis überlebt zu haben, andererseits war ich aber auch wütend und traurig über die Situation. Ich war frustriert nach meinem Tiefschlaf wieder langsam inklusive Gehbock das Gehen trainieren zu müssen, wo ich doch zuvor in der Lage war, mehrere Kilometer zu joggen. Auch für meine Angehörigen war es eine sehr schwierige Zeit, in der man nicht so recht wusste, wie es weitergehen würde.
Aber auch das konnte mich nicht so leicht aus der Bahn werfen. Während meiner Reha kämpfte ich mich zurück. Meine Leistung war zwar nicht mehr die von vor dem Vorfall, aber es war akzeptabel. Im darauffolgenden Sommer schaffte ich immerhin wieder einfache Wanderungen zu absolvieren.

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Genau ein Jahr nach meinem prägenden Erlebnis plagten mich starke Magenschmerzen und ich begab mich selbst in die Notfallaufnahme. Dort stellte sich heraus, dass ich erneut Wassereinlagerungen in der Lunge hatte und meine Herzleistung sich verschlechtert hatte, was zu einer sofortigen stationären Aufnahme führte. Ich konnte zwar aus der Klinik entlassen werden, aber mein Gesundheitszustand verschlechterte sich rapide. Ich brauchte Hilfe im Haushalt, konnte nur mehr kurze Wege zurücklegen und bergauf gehen war unmöglich. Jede Treppe lies mich verzweifeln und aufgrund der anhaltenden Übelkeit konnte ich auch kaum Nahrung zu mir nehmen. In den darauffolgenden Untersuchungen wurde festgestellt, dass es um meinen Zustand noch schlechter bestellt ist als ursprünglich angenommen. Nur noch eine Herztransplantation konnte mich retten. Nach den Voruntersuchungen für die Transplant entschloss sich das Ärzte-Team noch für einen Bridge-To-Transplant Eingriff, bei welchem mir Mitra-Clips eingesetzt wurden. Diese dienten dazu, die Undichtigkeit der Mitralklappe zu behandeln. Während meiner Wartezeit wurde ich vom Landesinstitut für integrierte Versorgung Tirol „Herzmobil“ zu Hause betreut und begleitet. Es war ein großer Mehrwert für mich, dass ich die Zeit bis zum ersehnten Anruf zu Hause bei meiner Familie verbringen konnte.

Der Tag, der mein Leben veränderte

Ich saß gerade auf der Terrasse meines Bruders und genoss den Sonnenuntergang über Innsbruck als plötzlich um 20:17 Uhr mein Handy klingelte und ich mich wunderte, warum ich um diese Zeit von der Klinik kontaktiert werde. Ich kann mich noch genau an die Worte der Dame am anderen Ende der Leitung erinnern: „Grüß Gott Frau Pichler, hier spricht die Transplantkoordination. Wir haben ein Organ für Sie – geht es Ihnen gut?“. Ein Anruf auf den ich schon die letzten Monate gewartet hatte, aber in diesem Moment nicht wollte. Die Erlösung, dass das Warten vorbei war und gleichzeitig ein innerlicher Zusammenbruch, dass mein aktuelles Leben ein Ende hat.
Das restliche Telefonat und die weitere Organisation musste mein Bruder für mich übernehmen. Als wir auf die Rettung warteten, umarmte er mich ganz fest und ich wusste, dass dies vermutlich die letzten Momente sind, die ich mit meinem Herz, mit dem ich geboren wurde, verbringen werde.
Nach einer Nacht, in der noch viele Untersuchungen anstanden und ich auch nicht wirklich viel schlafen konnte, ging es am nächsten Tag, den 14.07.2017 gleich in der Früh unter Tränen in den OP.

Als ich am Tag darauf meine Augen öffnete stelle sich mir die Frage: „Habe ich ein neues Herz?“ Schließlich ist es ja nicht selbstverständlich, dass bei so einer Operation alles einwandfrei verläuft. Doch ich spürte bereits in diesem Augenblick das kräftige und schnelle Schlagen des Herzens, das in keinster Weise vergleichbar war mit dem plumpen Herzschlag, den ich vor der Transplantation hatte.
Für mich ist es bis heute noch wahnsinnig erstaunlich zwischen dem Augenschließen und dem Augenöffnen plötzlich ein intaktes, voll funktionsfähiges Herz zu haben. Anfangs waren für mich zwei der größten Umstellungen das Tablettenmanagement und die Richtlinien für Transplantierte. Da waren auf einmal ganz viele, mir noch fremde Tabletten zu sortieren und in gewissen Situationen ein Mundschutz zu tragen, sowie auf bestimmte hygienische Dinge zu achten.

Mein Herz und ich gewöhnten uns rasch aneinander. Bereits nach sieben Tagen durften wir die Intensivstation verlassen und konnten nach weiteren sieben Tagen bereits ein paar Stockwerke gemeinsam mit dem Physiotherapeuten meistern. So war es auch kaum verwunderlich, dass ich meine Grenzen suchte. Bis zum Ende des Klinikaufenthaltes konnte ich mit meiner neuen Situation schon sehr selbstsicher umgehen.

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Ich freute mich meinen Geburtstag, genau einen Monat nach der Transplantation, im kleinen Rahmen mit meiner Familie feiern zu dürfen.
Ein wunderbarer Glücksmoment war, als ich nach nur sechs Monaten meine erste Skitour mit 600 Höhenmetern erfolgreich absolvieren konnte. Zudem konnte ich auch wieder beruflich – jedoch im Büro mit wenig Kundenkontakt – tätig sein. Meine Leistung wurde stetig besser und sportlich tobe ich mich bis heute bei sämtlichen Sportarten aus. Einschränkungen habe ich diesbezüglich fast gar keine und so sind meine zukünftigen Ziele bei den Europa- und Weltmeisterschaften der Transplantierten mitzumachen. Natürlich musste ich auch schon mit dem einen oder anderen kleinen Rückschritt leben, den ich jedoch für mein geschenktes Leben gerne in Kauf nehme.

Inzwischen - 3 Jahre nach meiner Herztransplantation - führe ich im Großen und Ganzen ein Leben wie jede 30-jährige. Offensichtlich erinnert nur noch meine Narbe und meine Tablettenbox ;) an die wohl bisher schwierigste Zeit meines Lebens.

Zum Schluss bleibt nur noch: DANKE zu sagen – an meinen Spender, an das Klinikpersonal, an meine Familie und an meine Freunde!

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